21. Swiss Alpine Marathon |
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21. Swiss Alpine Marathon am 29.07.2006
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78km Streckenlänge, 2320 Höhenmeter, ein international top besetztes Feld mit über 1000 Teilnehmern; schon die reinen Zahlen klingen imposant. Der Swiss Alpine Marathon ist neben den 100km von Biel und dem Rennsteig Supermarathon einer der Klassiker, die jeder echte Ultraläufer einmal bestreiten und finishen will, sonst fehlt etwas in der Sammlung. | |
Nachdem 2005 bereits der Rennsteigsupermarathon und der Jungfrau Marathon als Erfolge zu verbuchen waren, war nun also der Swiss Alpine angesagt. Im Umfeld der mir bekannten Läufer waren weitere Interessenten schnell gefunden und es kam eine 40 köpfige Reise- und Lauftruppe zusammen. Die Anreise nach Davos, der höchstgelegenen Stadt Europas, gleichzeitig dem Start- und Zielpunkt erfolgte im klimatisierten Bus und das Hotel war mit Sauna und Schwimmbad gut gewählt. Der Koch lies unsere Gaumen mit 5 und 6 Gänge Menüs frohlocken und alle sehnten den Renntag herbei. | |
Unser klimatisierter Reisebus |
Blick auf den Züricher See |
Davos heißt uns Willkommen |
Auf dem Weg zum Kongresszentrum |
Am Freitag noch von Davos bei schwülen 27Grad empfangen, war der Wetterbericht für den
Renntag jedoch nicht ganz so optimistisch. Maximal 18 Grad in Davos und 5 Grad auf den Gipfelpunkten, dazu Regen.
Aber Ultramarathonläufer sind hart im Nehmen, das schreckt keinen ab. Positiv denken ist gefragt,
denn solche Temperaturen lassen sicher ein flotteres Tempo zu, als die bisher herrschende Hitze. Also auf zum Kongresszentrum, Startunterlagen abholen und dann noch mal die Kohlehydratspeicher auffüllen und die richtige Kleidung herauslegen. Trikot, Schuhe, Handschuhe, Weste und Regenhexe, dazu den Fotoapparat und Kohlehydrate in Gel-Päckchen. Dann früh ins Bett, denn Start ist bereits um 8:00Uhr. |
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Spätabends sorgten die heftigen Regenfälle entlang des Wettkampfgebietes für einige
Rüfengänge, aber Dank der großartigen Arbeit unzähliger Freiwilliger konnte der Wettbewerb
dann doch auf der Originalstrecke durchgeführt werden. Insgesamt hatten sich für die neun Wettbewerbe des 21. Swiss Alpine Marathons – inklusive der Mini-Prüfung vom Freitagabend – 4508 Läuferinnen und Läufer eingeschrieben. Die Distanzen zwischen 21 und 78 Kilometern legten sie bei durchwachsenem Wetter zurück. |
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Am Samstag um 8:00Uhr eröffneten die Ultramarathonis mir ihrem K78 den Renntag. Der Hubschrauber kreist über dem Sportstadion von Davos und der Kunstrasen bietet über 1000 Frauen und Männern die letzte Möglichkeit weichen Boden zu spüren. Pünktlich startet das Feld unter Beobachtung des Schweizer Fernsehens und dem Applaus der Zuschauer. | |
Die Ultratruppe v.l. Fröhlich, Eisenmann, Uedelhoven, Wilhelm, Naab |
Start Nr. 21 - Jasmin Nunige aus Davos (Platz4) |
Schnell streckt sich den Lindwurm, fast könnte man glauben es wäre ein Halbmarathon, so schnell entschwindet die Spitze. Nach einem Bogen durch Davos und dem Lärm tausender Zuschauer empfängt die Natur die Läuferschar. | |
Leicht welliges Gelände ist bis Kilometer 6 zu durchlaufen. Leichter Nieselregen fällt
und Nebelschwaden ziehen aus den Tälern in Richtung der Gipfel. Parallel fährt die Rätische Bahn vorbei,
ein Teil davon gehört zum berühmten Glacier Express. Dann sind die ersten 200 Höhenmeter zu machen, die allerdings bis Kilometer 20 wieder hergegeben werden. Erste Gefälle und Steigungen mit über 10% sind zu bewältigen, aber das ist der flache Streckenteil. |
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Entlang der berühmten Viadukte der Albulalinie und vorbei an Wiesen führt der Weg nach Filisur | |
nur noch 55km |
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Hier stehen unsere Fans und die Stimmung steigt. Da jeder Läufer seinen Vornamen auf der Startnummer stehen hat fällt es leicht persönlich angefeuert zu werden. Der tiefste Punkt der Strecke wird mit 1019m (ü.N.N.) bei km 32 erreicht. | |
Jetzt geht es nur noch bergauf bis zur Keschhütte. 8 Kilometer und 300 Höhenmeter später erreichen wir Bergün, die zunächst letzte Ortschaft. | |
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Der Weg nach Bergün.. |
sieht aus wie bei der Tour de France |
Hier vereinigt sich das Feld der Marathonläufer mit uns. Deren Start ist gerade 5 Minuten
vor meinem Durchlauf erfolgt und es wird voll auf der Strecke. Noch frisch und voller Energie ziehen viele an
mir vorbei. Aber bald schon wendet sich das Blatt. In Bergün ist für uns mit Kilometer 38 fast die Halbzeit
der Strecke geschafft. Der Marathon K48 fängt hier gerade an, aber das Rennen fängt auch für uns erst hier so richtig an. |
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Noch ist der Weg geteert |
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Nach 7 Kilometern und weiteren 500 Höhenmetern wandelt sich der Weg in einen Alpinen Bergpfad. Die meisten fangen an zu gehen und die Steigung wird immer heftiger. Für die nächsten 5 Kilometer bis zur Keschhütte benötige ich fast eine Stunde, dabei lege ich weiter 800 Höhenmeter zurück. | |
Noch geht es mir gut |
Der Lauf wird zur Wanderung |
Bei Regen und Wolken, in denen ich mich mit einer Sichtweite von unter 50m bewege sehe ich die
Keschhütte erst im letzten Moment. 2632m Höhe sind erreicht und damit der höchste Streckenpunkt. Beim Aufstieg hatte ich leichte Magenprobleme, aber als ich an der Keschhütte ankomme gibt es zur Zeit nur kaltes Bergwasser. Die warme Brühe ist derzeit aus. Darüber ärgere ich mich etwas, was aber dazu führt, dass meine Magenprobleme verschwinden. Vielleicht hätte ich mich schon früher mal ärgern sollen. Bei 5 Grad und starkem Wind bin ich froh Handschuhe dabei zu haben. Das ist zwar Gewicht, welche ich mittrage, aber hier oben Gold wert. Ich ziehe die Handschuhe an, dazu meine Weste und als der Regen in Böen kommt ziehe ich zusätzlich meine Regenhexe aus Plastik an, die ich ebenfalls trotz Transportproblemen mitführe. |
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Nun trennt sich das Läuferfeld erneut, die Ultras laufen nach links über den
Panoramatrail, der immer parallel am Hang entlangläuft. Das Marathonfeld läuft nach rechts,
die sichere Route durchs Tal, die aber gegen Ende 200 Höhenmeter mehr zu bewältigen hat. Unzählige Bäche, die den Weg queren, Geröllfelder, Matsch, ständiges Auf und Ab und dazu der Abhang mit 300 Metern Abgrund erfordern ständige Aufmerksamkeit von allen Läufern. Ich gehe kein Risiko ein und gehe über die Geröllfelder und bremse von den matschigen Stellen stets ab. Das kostet zwar Kraft und Zeit, aber schließlich soll das nicht mein letzter Lauf sein und ich will diesen Lauf ja genießen und nicht auf Bestzeit laufen. Nach knapp sieben Stunden Laufzeit erreiche ich dann den Scalettapass, hier vereinigt sich des Feld wieder. Früher war dieser Pass die wichtigste Verbindung zwischen Nordbünden und dem Veltin. Mit 100.000 Maultieren wurden hier jährlich 150.000 Hektoliter Wein bis nach Deutschland transportiert. |
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Auf dem Panoramatrail |
unter uns die Marathonläufer |
Im Hintergrund auf dem Bergrücken, die Keschhütte |
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Sicherer Tritt ist gefragt |
kurz vor dem Scalettapass |
Aber auch heute beim Lauf ist der Scalettapss eine Schlüsselstelle. Hier steht der
Rennarzt, als Scharfrichter. Jeder muss anhalten, ihm die Hand schütteln und einem tiefen prüfenden
Blick in die Augen standhalten, dazu die Frage, wie geht’s. Ist der Arzt von dem Ergebnis nicht
überzeugt, so ist das Rennen hier zu Ende, so vor Jahren auch für den Führenden der
Männerwertung. Ich habe die Prüfung bestanden, der Doc macht sogar noch ein Foto von mir und dann darf ich mich auf den heiklen Weg herunter ins Tal machen. |
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Alle anhalten! |
Schau mir in die Augen Kleiner |
Test bestanden |
nur noch 20 Kilometer, also noch mal stärken |
Hinter dem Pass wird es schlagartig wärmer, der Fön weht. Ich ziehe Jacke und Handschuhe aus und versuche einen möglichst runden Schritt zu laufen, denn innerhalb von nur 4 Kilometern muss ich 600 Höhenmeter bergab laufen. Über steinige Wege und rutschige Bergpfade wird Dürrboden auf 2007 Metern erreicht und es geht an die letzten 15Kilometer. Ich fühle mich gut und überhole ständig Läufer, was teilweise schwierig ist, da die Wege noch immer eng und steinig sind. Aber die Sonne kommt jetzt auch noch heraus und der Weg nach Davos fällt mir immer leichter. Die Beine rollen und die Kilometer fliegen nur so vorbei, eine Art von Runner’s High stellt sich ein. Das ist das schöne, wenn man nicht am Limit läuft. | |
Ich feuere alle Mitstreiter an, hopp komm es ist nicht mehr weit. Ein letzter gemeiner Anstieg mit 20 Höhenmetern erwartet mit noch auf den letzten 5 Kilometern. Dann ist Davos erreicht, eine lange flache Straße führt über den letzten Kilometer Richtung Ziel. Noch eine Kurve und ich sehe das Stadion, das ich knapp 9 Stunden vorher verlassen habe. Mörderstimmung empfängt mich und ich bin super gut drauf. Die letzen 10 Kilometer bin ich unter 50 Minuten gelaufen und das Ziel sieht mich bei 9 Stunden 11 Minuten und 40 Sekunden. Noch ein letztes Foto und einen kleinen Tanz für unsere mitgereisten Fans, dann überquere ich die Ziellinie. | |
Nur noch 5 Kilometer, ich laufe den Abschnitt unter 25 Minuten, das klappt besser, als gedacht. |
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Nach einer kurzen Stärkung laufe ich den Kilometer bis zum Hotel aus, dort wird geduscht
es folgt ein leichter Saunagang und dann ein 6 Gänge Abendessen, der Tag ist zur vollsten Zufriedenheit
verlaufen. Sonntags wird in den Bergen gewandert, dazu ist die Benutzung aller Bergbahnen kostenlos (Gästekarte, und das Wetter klart auf, so dass ich endlich sehen kann, wo ich am Vortag eigentlich entlang gelaufen bin. Alle Läuferinnen und Läufer unserer Gruppe sind über ihre Rennen von 21, 28, 42 und 78 Kilometer begeistert ins Ziel gekommen, alle waren gesund und innerhalb der Sollzeit im Ziel. Der Entschluss steht fest: Das war nicht die letzte Reise in die Schweiz. 2007 soll der Zermatt Marathon folgen, den ich zusammen mit Läuferinnen und Läufern des LC Euskirchen plane. In diesem Sinne: „Keep on running“ |
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PS: Der Sieger Giorgio Calcaterra aus Italien benötigte für die Strecke 6:05:04h |