Jungfrau-Marathon

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Der schönste Marathon der Welt

13.Jungfrau Marathon 2005 – Der Berg ruft!

Das Jahr 2005 ist nach verletzungsbedingtem späten Start für mich eigentlich ganz gut gelaufen. Aber bereits im letzten Jahr war ein Termin Pflicht, der Jungfrau Marathon. Nachdem mein Laufkollege, Rüdiger Cramer, 2004 dort war und von dem tollen Panorama und dem Lauf schwärmte sagten einige von uns spontan zu: Wenn du 2005 wieder da läufst, kommen wir mit. Gesagt, getan, 8 Euskirchener Läufer, und 3 Frauen als Betreuerinnen wollten das Abenteuer wagen. Gemeinsam wollten wir einen Erlebnislauf erleben, die Herausforderung eines Bergmarathon wagen, aber am Ende wurde es viel mehr.

Der Jungfrau-Marathon 2005 begann mit einer Lotterie um die Vergabe der Startplätze, recht ungewöhnlich, aber verständlich, wollen doch die Organisatoren eine gute Qualität bieten und begrenzen daher das Teilnehmerfeld auf 4000 Starter. Da aber immer wesentlich mehr Bewerber da sind wird halt verlost. Gleiche Chance für alle und daher heißt dabei sein, schon eine Art von Gewinner zu sein.
Alles schien in bester Ordnung, als wir alle unsere Zusage des Startplatzes bekamen, nur meine Unterlagen waren irgendwie in der Post verschwunden und nicht wieder aufzufinden. Aber Dank einer schnellen und guten Hotline via Internet konnte ich, wenn auch verspätet mein Startgeld bezahlen und war somit auch dabei. Die Unterlagen mit Erläuterung der Verfahrensweise, Abholung der Unterlagen, Weg zum Start, Freifahrt mit der Bahn am Veranstaltungstag etc. kamen denn pünktlich und die Vorfreude bei uns allen stieg.

Dann der Schock, vom Hochwasser am 22. und 23. August schwer geschädigt, das zeigten Fotos auf der Internetseite des Veranstalters, war der ganze Lauf plötzlich gefährdet.

Bahnlinien weggerissen, Straßen und Brücken zerstört, so war kein Teilnehmertransport und kein Lauf möglich. Banges warten entstand, was machen wir, was ist mit unserem Zimmer, fahren wir trotzdem?

Aber dann die Entwarnung, quasi unmenschliches hatten die Einheimischen, mit Hilfe der Schweizer Armee und dem Orgateam getan um den Lauf zu ermöglichen. Der Lauf findet statt, so hieß es eine Woche vor dem Rennen, aufatmen, erneut sind wir Sieger, also Sachen packen und ab in die Schweiz. Wir kommen zwar erst abends an, aber eines sehen wir dennoch, die Organisatoren hatten nicht übertrieben.
Eiger
Der Eiger, von Grindelwald aus gesehen, wir sind beeindruckt
Die Bahnlinie nach Grindelwald, ebenso wie die Straße waren zu großen Teilen zerstört. Tonnenweise Schutt, Bäume und riesige Steine wurden das Tal herabgespült, sogar bis nach Interlaken. Überall waren noch Baustellen, teilweise bereits neue Fahrbahndecken, und Bagger die Schutt wegräumen zu sehen. Am Anmeldetag waren sogar noch arbeiten auf dem gegenüber dem Casino liegenden Wiesengelände zu sehen, direkt bei Start und Ziel. Bis hierher waren die Fluten der sonst so kleinen unscheinbaren Lütschine gekommen und hatten Schutt abgeladen. Aber der Eindruck einer sehr gut organisierten Veranstaltung, mit dem Läufer im Mittelpunkt wurde erneut bestätigt. Hier waren viele Hände am Werk, um das gute Gelingen zu sichern.
Schutt Schutt
Hang Ex Brücke

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Wir erhielten unsere Unterlagen ohne Wartezeit, als Bonus gab es einen Sportsack, mit ein paar Riegeln und einen Extra Leihchip. Eine Messe mit teilweisen Schnäppchen und eine Videopräsentation aus früheren Läufen rundeten das gute Gesamtbild ab. Einige sportliche Gewinnspiele vor der Türe lockerten zusätzlich auf.
Gut gestärkt mit einer Pastaparty durch unsere mitgereisten Frauen warteten wir auf den Renntag. Um 6Uhr aufstehen und frühstücken, dann zu Fuß zum Bahnhof, an dem Pendlerbusse die defekte Bahnlinie ersetzten. Alles klappte erstaunlich gut, bis auf das Wetter, das war leider am Renntag etwas wechselhaft. Schade Petrus ist dieses Jahr nicht mein Freund. Regen im April in Tschechien, im Mai am Rennsteig, im August in Monschau und nun wieder ein Wetterwechsel. Bei unserer Ankunft noch schön und jetzt durchwachsen.
Zunächst noch bei Sonnenschein und 25 Grad wurde um 9:00Uhr in Interlaken vor dem Grand- Hotel Victoria- Jungfrau das Rennen gestartet.
Fahnenschwenker
Zunächst ist eine 3km Schleife durch Interlaken zu laufen ,die erneut vorbei an Start und Ziel führt. Dann führt der Weg zu einem kleinen Abstecher zum Brienzer See um dann über Wilderswill in Richtung Lauterbrunnen zu führen.
km8 km10
In Wilderswill wird eine romantische Holzbrücke über die Lütschiene gequert um den ersten echten Anstieg zu bewältigen, knapp 400m lang, quasi zum warm werden. Die Berge sind voraus bereits zu sehen, Mann sind die hoch, und da wollen wir rauf? Na ja, wir haben ja Zeit und die ersten 25km sind eigentlich ein Rennen für sich. Recht flach, nur knapp 200 Höhenmeter sind hierbei zu bewältigen, das ist für alle Starter eigentlich gut zu schaffen. Ein gemütlicher Auftakt, bei mir im 5min/km Schnitt, bevor das eigentliche Abenteuer Berg beginnt.

Teilweise ist der Weg noch jetzt rechts und links von Trümmern gesäumt, die Macht mit der die Natur gewütet hat, jedoch nur zu erahnen. Gedanken wie, das muss schon vom Geräuschpegel her unheimlich gewesen sein, machen sich breit. Voraus sind bereits die Gipfel der Viertausender zu sehen, die schneebedeckt über uns Läufern trohnen. Die Luft ist unheimlich schwül und noch lässt uns alle die Sonne schwitzen. Die ersten Verpflegungsstände werden gerne angenommen, es gibt Wasser, Powerrade, Tee, Obst und Riegel, so wie eine Art von PowerGel. Wir laufen parallel zum Bach Lütschine, der uns etwas kühlere Luft schenkt, man merkt, der kommt vom Gletscher.
Bei km 20 erreichen wir Lauterbrunnen, hier ist der Teufel los. Schreiende Fans, Kuhglocken werden geschwenkt, ein Streckensprecher heizt ein, Musik dröhnt aus den Boxen. Es ist Stimmung ohne Ende angesagt, und nach überlaufen der Halbmarathonmarke drehen wir eine kleinen Ehrenschleife zurück nach Lauterbrunnen. Es geht leicht bergab und unser Schnitt sinkt auf 4:30min/km.
Lauterbrunnen

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Doch ohne es zu ahnen nähern wir uns bei km 26 dem ersten Härtetest. In ca. 26 Serpentinen müssen auf den nächsten 4km 400 Höhenmeter auf dem Anstieg nach Wengen erklettert werden. Fast alle Läufer gehen hier, und selbst wer läuft ist nicht schneller als die, die gehen. Eigentlich ist er sogar langsamer, denn als es flacher wird nehmen wir wieder zügig Fahrt auf, während die, die durchgelaufen sind, erst richtig wieder zu Atem kommen müssen.
km26
Die Wand von Wengen beginnt bei km 26,5
Endlos erscheinen mir die Serpentinen durch Wengwald, bis endlich die Steigung ein Ende hat, so scheint es zumindest. Aber eigentlich führt der Weg immer stetig bergan. In Wengen bei km 30 höre ich, wie der Streckensprecher die Spitze bei km 40 ankündigt. Ich bin zwar langsam unterwegs, es soll schließlich ein Spaßlauf sein, aber 10km Rückstand auf die Spitze klingt doch nach viel.
Eticha
Als Sieger erreicht, bei schönem Wetter erneut der in der Schweiz lebende Äthiopier Tesfaye Eticha in 2:59:21h das Ziel, der damit zum dritten Mal gewinnt.
Er siegt mit deutlichem Vorsprung vor Grigory Murzine aus Russland dem Sieger des 100km Laufes von Biel, der in 3:05:10h das Ziel auf der kleinen Scheidegg erreicht.
Dritter wird der Berglaufspezialist Billy Burns aus England in 3:07.54h.
Frank an me Zu der Zeit bewundere ich zusammen mit Frank noch die Aussicht auf die Lauberhornabfahrt, zu deren Kurs wir zeitweise parallel laufen. Weitere 600 Höhenmeter und einige Fotostops werden bis km 35 bewältigt. Die meisten Läufer fallen jetzt in einen Wechsel zwischen laufen und gehen. Die steilen Passagen werden meist gegangen und sobald es flachere Teile gibt, wird gelaufen. So halte auch ich es, um mich zu schonen und erfahre unterwegs, dass ich bereits unter den ersten 1000 Läufern bin. Bei lockeren Pulswerten um die 140 komme ich in den Genuss ständig Läufer zu überholen, das bestätigt meine passive Renneinteilung. Die anfangs gute Fernsicht wird immer weniger und die Wolken ziehen die Berghänge herunter. Nebelschwaden und Wolken verhüllen das Läuferfeld und der Weg wird immer rutschiger. Auch die Temperaturen sinken, in den Wolken ist es feucht und kühl.
Als bei km 39 dann der Endanstieg entlang der Moräne des Eigengletschers beginnt ist es mir nicht mehr allzu warm, denn auf knapp 3km sind noch einmal 400 Höhenmeter zu erklettern. Da die Wege eng und steil sind bildet sich ein Rückstau und teilweise muss der Läufer stehen bleiben. Das trägt zusätzlich dazu bei, die Temperatur und das Wetter als nicht optimal zu empfinden.
Ich komme mir vor wie in den Filmen der tragischen Mt. Everest Besteigungen
– Stau am Hillary Step – der Zeitplan ist in Gefahr.
Auch mein Zeitplan ist durch diesen für mich nicht erwarteten Stau hinweggefegt. Bis km 40 ist meine Zeitplanung unter 4:30h das Ziel zu erreichen realistisch, da ich mit einem Schnitt von 12min/km hätte laufen können. Aber ein Kilometer mit 17 Minuten ist dann doch unerwartet langsam. Die Stimmung ist aber immer noch gut, denn Alphörner und Fahnenschwinger motivieren uns noch einmal, eine Jodlerin heizt uns ein und in der Ferne höre ich den berühmten Dudelsackpfeifer. Und dann taucht er plötzlich aus dem Nebel auf, unwirklich, wie in einem Edgar Wallace Film. Dieser Anblick, der Klang des Dudelsacks und Nebel und Regenwolken lassen uns frösteln, dafür hat der Anstieg aber endlich ein Ende.
km39,5 km39,5
km40 km41
Voraus ist ein Abzweig nach links zu sehen, und da laufen sogar wieder die Läufer. Das mache ich auch und nach einer kleinen Felsplatte, die rutschig scheint sehe ich zum ersten mal das Ziel. An der Felsplatte helfen uns 2 Betreuer über die rutschigen Stufen, ich nehme diese Hilfe gerne in Anspruch, denn jetzt Eitel zu sein und zu stürzen wäre sicher falsch. Den letzten Kilometer geht es noch einmal bergab zur kleinen Scheidegg und die Bahnlinie ist zu überqueren, noch mal Konzentration, da dort nasse Holzdielen liegen. Die meisten Zuschauer sehen auch recht fröstelnd aus und stehen recht still an der Strecke. Das kann ich natürlich nicht so lassen und ich feuere sie an. „Los macht uns Stimmung, das wärmt das Läuferherz“. Sofort reagieren die Zuschauer mit ohrenbetäubendem Lärm, es bedarf halt oft nicht viel um gute Stimmung zu erhalten. Bei jetzt strömendem Regen erreiche ich das Ziel in 4:32:58h als 634ter, fast eine Stunde später, als die Damensiegerin Emebet Abosa, in der Schweiz lebende Äthiopierin, die ihren Vorjahressieg in 3:29.15h wiederholt. Damit hat auch sie bereits dreimal hier gewonnen.
Zweite wird die Polin Joanna Chmiel Gront (3:43:26h) und Dritte und beste Schweizerin Vera Notz- Umberg (3:47:02h) , und das bei ihrem Debüt im Marathon.
km42
Im Gegensatz zur Siegerin, die entkräftet ein Interview ablehnte stelle ich mich den Glückwünschen meiner mitgereisten Fans und dem einen oder anderen Foto. Es beginnt stärker zu regnen und es ist gut, das ich eine Regenhexe vom Start mit heraufgebracht habe, denn der Weg zu meinem Kleiderbeutel zieht sich. In einer Halle der Jungfraubahnen finde ich ihn dann recht rasch, wie fast alle. Einige haben jedoch weniger Glück und suchen noch länger nach ihren Sachen und frieren entsprechend. Bei knapp 4000 Läufern und deren Gepäck ist die Logistik nicht zu verachten. Vom LKW in die Bahn und dann bis zum Ziel in weniger als 3 Stunden, das ist schon eine Glanzleistung, da kann schon mal ein Teil wo anders landen als vermutet. Der Weg zur Dusche wird wieder lang, kurz noch den Leihchip abgeben und dort das Finisher-Shirt in Empfang nehmen und dann ab ins Duschzelt. Das ist geräumig und ich genieße ausgiebig die warmen Duschen. Erstaunlich wie viel warmes Wasser hier mit ausreichendem Druck zur Verfügung steht. Da kann sich mancher Veranstalter ein Scheibe von abschneiden. Auch ist der Ergebnisdienst flott. Mit einlaufen im Ziel sind die Ergebnisse schon online, so rufen uns die ersten von zu Hause schon an, bevor wir unsere offiziellen Zeiten am Aushang sehen. Moderne Technik kann, wenn sie funktioniert etwas tolles sein. Auch wenn einige ihre Sachen nicht sofort gefunden haben, was schade ist, habe ich den Lauf also gut organisiert empfunden und als echtes Erlebnis. Ich werde, bei hoffentlich besserem Wetter wiederkommen und mit tollen Eindrücken zum nächsten Marathon reisen, dem Essen Marathon am Baldeneysee, auch einem echten Klassiker.
LCE
Nach dem obligatorischen Gruppenfoto geht es dann mit der Bahn herunter nach Grindelwald, was im Startpreis inbegriffen ist, sonst kostet die Fahrt 50 Franken. Ich bleibe noch 2 Tage zum Laufen und wandern in der Schweiz, so lange bleibt auch das regnerische Wetter und erst bei Abreise wird es wieder schön. Aber wie gesagt ich komme wieder, wenn man den Gerüchten glauben darf ist das Wetter beim Lauf immer gut bei graden Jahreszahlen.
PS: Kleine Anekdote am Rand: Meine Frau hat es sogar auf die Titelseite des Berner Oberländer geschafft. Sie ist als Zuschauerin neben dem Sieger bei km 41,5 auf dem Foto zu sehen, also auch für sie ein echtes Erlebnis.

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